EUROPA UND ANDERE KULTUREN – VOM DIALOG ZUM TRIALOG

Liebe Anwesende!


Mit diesem Vortrag möchte ich uns die Gelegenheit geben, über ein Thema nachzudenken, das noch zu wenig im Bewußtsein unserer Gesellschaft ist. Dabei können natürlich nur einige Aspekte berührt werden, die mir als wichtig erscheinen.

Ich möchte als erstes stichwortartig auf die gegenwärtige Situation eingehen, d. h. auf einige Aspekte der gegenwärtigen Sinnkrise in Europa.

Dann möchte ich mögliche Probleme der Auseinandersetzung zwischen den Kulturen antippen und erörtern, was für ein Geist hinter dem Teufelskreis des Kulturkampfes steht. Des weiteren spreche ich über die Neuentdeckung des Mythos als Verstehenshorizont und über Wege zur Gemeinsamkeit der Kulturen.


Zur gegenwärtigen Situation

Ist die europäische Zivilisation gefährdet oder stellt sie eine Bedrohung für andere Zivilisationen dar? Im sogenannten Westen neigt man dazu, unsere Gesellschaftsordnung als etwas Endgültiges, als das gelobte Land zu sehen. Historiker sagen, dass die westliche Kultur zu einer Sicherheitszone geworden ist und das “goldene Zeitalter” lebt. Wie damals die Pax Romana so erscheint heute die Pax europeia. Ist andererseits heute das Wiedererstarken des Islam, der ein Fünftel der Menschheit umfaßt und sein Kampf gegen die Moderne sowie die Dynamik Asiens eine Gefahr für Europa wie damals die Barbaren für Rom? Oswald Spengler beschreibt in “Der Untergang des Abendlandes” Geschichte als “die Geschichte der großen Kulturen” und entwirft keine rosigen Szenarien, so wie noch aktualisierter Samuel P. Huntington im Buch “Kampf der Kulturen – Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert”. Er geht weiter und behauptet: “Die gefährlichen Konflikte der Zukunft ergeben sich wahrscheinlich aus dem Zusammenwirken von westlicher Arroganz, islamischer Unduldsamkeit und sinischem (d. h. chinesischem) Auftrumpfen.”


Anzeichen von Schwäche:

Bis jetzt haben sich aufgehende Kulturen hervorgetan durch Überschuß, der sich in Stärke auf den Gebieten des Militär, der Religion, Politik und Wirtschaft ausgedrückt hat. Heute fließt der Überschuß mehr in den Konsum. Die Menschen zehren von Kapital und verzehren Kultur. Alles dient dem leiblichen oder momentanen Wohl, das sehr kurzlebig ist. Auch Kultur wird zum Konsumgut. Sie sorgt sich nicht um die Zukunft. Individueller und kollektiver Konsum geht sogar auf Kosten zukünftiger Generationen. Demnach befinden wir uns in einer Phase der Dekadenz. Diese Dekadenzerscheinungen sind denen anderer untergegangener Kulturen ähnlich. Müssen wir uns von daher sorgen, daß die Dekadenzerscheinungen Europas ebenfalls unsere Zivilisation zugrunde richten werden? Oder ist eine universale Kultur im Entstehen?


Die Dekadenz wird besonders in folgenden Erscheinungen ersichtlich:

Religiöse, geistige, soziale und politische Institutionen üben keine Anziehungskraft mehr auf die Massen des Volkes aus. Das Volk findet in ihnen keine Orientierungen mehr. Die Politik vermittelt manchmal den Eindruck, zum Handwerk der Entmachtung der Massen zu verkommen.


– Die Werte der Zivilisation greifen und begeistern nicht mehr. Die Individualisierung und Pluralisierung von Moral schreitet weiter fort. Man sagt: “Andere Völker andere Sitten”. Man abstrahiert, um nicht konkret handeln zu müssen. Pluralisierung relativiert “Gut” und “Böse”. Man schaut auf  das Ergebnis, nicht auf das Verhalten. In vorindustriellen Kulturen gab es noch das “Heilige” in der Religion, das “Wahre” in der Metaphysik und das “Gute” in der Ethik. Im Industriezeitalter hängen diese Werte als austauschbar gemäß dem Gesetz von Angebot und Nachfrage ab. Die Werte unterliegen den Handelsgesetzen. Anstelle von absoluten Werte treten die Grenzwerte auf. Die Konkurrenz der Werte führt zur Anarchie, wo die Lautstärke sich durchsetzt und nicht das Gute. Die Industrialisierung und die Weltkriege haben die gewachsenen Lebensverhältnisse und damit das System der gesellschaftlichen Anpassungsmechanismen zerstört. Moralischer Verfall breitet sich aus: Kriminalität (asoziales Verhalten), Drogen, Gewalt, Krankheit, Verfall der Familie, Schwinden zwischenmenschlichen Vertrauens, Nachlassen der Arbeitsmoral (Arbeit dient der Erfüllung persönlicher Wünsche), Desinteresse an geistiger Betätigung.


– Das natürliche Bevölkerungswachstum ist rückläufig. Es wird ausgeglichen durch eine spontane Einwanderung (Armutseinwanderung neigt oft zur  Ghettobildung). Der soziale Zusammenhalt wurde untergraben durch die Kombination von Einwanderung wegen Arbeitskräftemangel auf der einen Seite, Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite, zudem wurde der Zusammenhalt destabilisiert durch Drogen und Kriminalität.


– Indem das Christentum sich nicht als Selbstzweck sah und sich einer Weltpolitik gestellt hat, hat es scheinbar an Selbstbehauptung eingebüßt, verglichen mit anderen Religionen. Durch die Moderne und den “Tod Gottes” kam zu einer Desorientierung im Christentum. Diese Desorientierung wurde von einer Schwächung, Gleichgültigkeit und Verteufelung begleitet. Gegenüber einer Starrheit und Geschlossenheit der Institution Kirche profilieren sich gegnerische Gruppen und politische Konkurrenten. Intelektuelle, Politiker, Journalisten, Moralisten machen alles, um ein geistiges “Niemandsland” zu schaffen im Namen des Internationalismus. Damit schaffen sie eine verbrannte Erde, wo Religion und Kultur nur noch Folklore sind. Politiker und die Macher der Massenmedien bauen sich oft durch Kulturzerstörung auf, ohne einen Bezug zur tiefgreifenden philosophischen und theologischen Wandlung der Kulturinhalte zu haben.


– Seit den Siebziger Jahren, als das ökonomische Wachstum ihre Grenzen erreichte, entwickelte sich ein ideologischer und existentieller Pessimismus. Man schwamm im Überfluß und ertappte sich dabei als der Ausnutzer anderer Völker. Ein zur Mode werdender Internationalismus definierte sich hauptsächlich über Negativpunkte der eigenen Kultur. Dies scheint mehr eine Neigung zur Selbstzerstörung zu sein als die Erkennung der eigenen Schuld an der heutigen Weltmisere. Man übergeht das Schuldgefühl gegenüber anderen Völkern nach dem Motto: der gestrigen Schuld der anderen ist einfacher zu begegnen, sie ist einfacher zu bewältigen als die eigene existenzielle und soziale heutige Schuld wahrzunehmen. Dann spricht man pauschalierend leicht über Hexenverbrennung, Kreuzzüge, Kolonisierung ohne Bezugspunkt als Entschuldigung der eigene Schuld und als Verständnis für die eigenen Barbareien und der Barbarei anderen Kulturen der heutigen Welt. Die Verpflichtung zum Internationalismus kommt nicht aus einer Überzeugung. Sie wird zum Zwang zur Toleranz, zum oberflächlichen Dialog, der Probleme und Grenzen des Dialogs unterschlägt. Z. B. wenn man Unterdrückung in anderen Kulturen als kulturelles Phänomen akzeptiert und damit fördert.


– Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben sich die Nationen an die zwei großen Ideologien orientiert, die auch als Schutz dienten. Diese Situation hatte eine bestimmte Form von Identität geprägt, die an zwei Gefälle gebunden war. Man definierte sich als Block. Nach dem kalten Krieg wird Identität durch Kultur bzw. Religion definiert. Der Kampf wurde verlagert.

Das Scheitern des Marxismus bringt den Zusammenbruch der Moderne; und auch der westliche Liberalismus wird mit seiner turbo-kapitalistischen Praxis immer fragwürdiger. Mit dem scheinbaren Verfall des Kommunismus befindet sich Europa in der Krise der Reflexion und damit in einer Krisis der Identität. Es mangelt an einer offenen Identität, die einer reflexiven Wahrnehmung des Eigenen und des Anderen Rechnung trägt. Europa findet nicht zu sich selbst, und dadurch kann es auch zu den anderen nicht hinfinden.

Es gibt zu viel Ideologie im Vakuum der Überzeugungen. Der Westen neigt immer mehr dazu, sich durch ein politisches Credo zu definieren und diese Ideologie wird am Wohlstand gemessen. Der europäische Geist, würde Kant sagen, muß sich an die praktische Vernunft und dem ethischen Imperativ orientieren. Die Überbewertung der Logik führt zur gewaltsamen Form der Durchsetzung.

Einerseits wird westliche Identität definiert durch das Credo von Freiheit, Demokratie, Individualismus, Gleichheit vor dem Gesetz, Achtung vor Verfassung, Privateigentum und Menschenrechten. Aber diese Glaubenssätze haben keinen tieferen Grund, werden nicht gelebt und laufen Gefahr, nur Ideologie zu werden. Während für die Internationalisten diese europäischen kulturellen Werte als einzigartig in der Welt angesehen werden, sehen Multikulturalisten Identität als Schimpfwort: sie sehen Gesellschaft als Ansammlung von Mikrowelten rassischer und ethnischer Art. Multikulturalisten sind oft ethnozentrische Individualisten, die mit ihrer Forderung gegen Integration zurück zum Mythos des unschuldigen Primitiven neigen. Die Multikulturalisten ersetzen die Rechte von Individuen durch Rechte von Gruppen, so dass die Individuen sich definieren über Rasse, Ethnizität, geschlechtlicher Zugehörigkeit, sexuelle Präferenz etc. Andererseits die Einheit von multikulturellen Staaten (Russland, Jugoslawien…) wird aufgegeben.


Die Lösung unserer Problematik geschieht durch eine reflektierte, offene Identität, die offen ist. Für Kant ist Identität ein Begriff der Reflexion, da Identität entweder reflektierte oder keine ist. Zur Identität gehören zwei Aspekte: Was wir selbst sind und was uns von anderen unterscheidet (Dialektik). Identität geschieht in der Komplementarität verschiedener Wirklichkeiten. Karl Jaspers definiert Europa als Freiheit. Für den europäischen Rat sie ist Freiheit, Geschichte und Wissenschaft, sie ist der Ort der Menschenrechte. Wesentliche Merkmale sind Pluralismus, Unterschiedlichkeit, Respekt und Toleranz. Identität haben bedeutet, ein Zuhause haben können, nicht mehr allein im Ich gefangen zu sein und nicht nur aus dem Ich die Kraft schöpfen.


– Europa fehlt heute ein Bewußtsein von Richtung und Sinn. Es wurde zu sehr eine Wirtschafts- und Währungsunion und wird von den einzelnen Nationen als Werkzeug zur Erlangung von Einfluß und Sicherung günstiger Bedingungen nationaler Art benutzt auf Kosten jeglicher kultureller Eigenheit. Ein Beispiel: eine Delegation der iranischen Regierung hat bei einem Staatsbesuch in Deutschland verlangt, daß auf dem Tisch keine alkoholischen Getränke stehen dürften, sonst würde sie den Saal verlassen. Die deutschen Politiker mit Ausnahme eines einzigen deutschen Abgeordneten, der den Saal verließ, gingen auf diesen Wunsch ein. Zuvor waren die deutschen Politiker im Iran und hatten sich dort auch den dortigen Gepflogenheiten unterworfen.


– Der technologische Fortschritt bringt innerhalb und außerhalb Europas vielschichtige Schwierigkeiten. Andere Kulturen akzeptieren das Resultat der abendländischen Entwicklung (Technologie und Wissenschaft), werden dadurch stärker, stellen sich aber quer gegen den politischen Liberalismus.


Die Identitätserkrankung sowohl des Westens wie des einzelnen wird immer mehr thematisiert werden müssen. Wir haben die Grenzen der Individualität schon überschritten, indem wir uns nur noch auf das Ego beziehen.  Die Beantwortung dieser Frage des Untergangs unserer Kultur hängt davon ab, inwieweit wir uns von unserem selbst-betäubenden Ego-Trip distanzieren können.

Die Stärke des Westens ist der Stärkung des Subjekts zu verdanken. Der Untergang könnte aber auch durch die Fixierung an das Ego verursacht werden. Denn Voraussetzung für ein Ich ist das Wir. Das müssen wir wieder von anderen Kulturen lernen und dies aus der Mitte der eigenen Kultur heraus finden. Dieses Bedürfnis wird langsam angedeutet, jedoch seltsamerweise aus den Reihen des Militärs. Interessanterweise spricht man in letzter Zeit von der NATO als Wertegemeinschaft. Der britische Verteidigungsminister Malcolm sagt, daß die atlantische Gemeinschaft auf 4 Säulen ruhe: “Verteidigung und Sicherheit innerhalb der Struktur der NATO; gemeinsamer Glaube an Rechtsstaatlichkeit und parlamentarische Demokratie; liberaler Kapitalismus und freier Handel; das gemeinsame Kulturerbe Europas, ausgehend von Griechenland und Rom über die Renaissance bis zu den gemeinsamen Werten und Überzeugungen und der gemeinsamen Kultur unseres eigenen Jahrhundert.”

Es ist ein schlechtes Zeichen für unsere Gesellschaft, daß solche Äußerungen von einem Verteidigungsminister kommen und nicht aus der Kulturwelt oder von anderen politisch Verantwortlichen. Sind Militärs paradoxerweise eher in der Lage, Weltzusammenhänge zu erkennen?

Der Westen hat sich blenden lassen und sich extrem ausgelebt in der Naturwissenschaft und  Verselbständigung der Technik die mit sich Philosophie und Theologie bzw. Humanwissenschaften an sich gezogen und in ihre Funktion gestellt, so daß unsere materielle Dimension sich sehr verbessert hat und die moralisch-geistige und kulturelle Dimension darunter  krankt. Unsere Gesellschaft leidet am Totalitätsanspruch der Wirtschaft, die alle Lebenbereiche reguliert und reglementiert. Dadurch entstand eine Lücke, die die Sinnfrage ausklammert bzw. die ganze Lebensphilosophie und ihre Begründung an Nebenschauplätze verweist, als ob die Zauberwörter Demokratie und Freiheit der Schlüssel der grossen Fragen wäre. Das alles gefolgt von einer Politik, die die Befreiung des Menschen nur als politische Befreiung versteht. Sie reduziert den Aufbau des Glücks auf die ökonomische Unabhängigkeit und es wird dem Menschen der Vorteil angeboten, am demokratischen Prozeß Anteil zu nehmen. Der Mensch wird nicht als ganze Person, sondern in seiner Funktionalität angesehen. Die bindenden Traditionen werden ersetzt durch die Vorgaben, ein eigenes Leben zu organisieren. Der Preis für die Selbstbestimmung in der Moral wird von Sartre in der La Nausée erwähnt: “Dieser Typ hat keinen Wert für die Gesellschaft, er ist nichts als ein Individuum.” Mit den Tod Gottes  wurde auch die Person getötet.  Nec cum te, nec sine te…Die Gegenwart Gottes ist ein Ärgernis; die Abwesenheit Gottes ist eine Qual.


Die westliche Kultur muß die Einseitigkeit von Wissenschaft und Technologie  überwinden. Die Technik gewann die Oberhand, und sie fragt nicht nach dem Wesen der Dinge, sondern nach der Funktion. Es geht um Ursache und Wirkung in der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung. Auch die moderne westliche Philosophie ist weitgehend funktionalistisch. Sie interessiert sich nur für das Wofür, nicht für das Sein, für das Woher und Warum, weil man davon ausgeht, daß der Mensch sich noch im Werden befindet. So wird auch Gott nach seiner Funktion für die Welt gefragt, nach seiner Nützlichkeit und somit in die Rente geschickt. Die Religion wird zum Altersheim Gottes.

Naturwissenschaft reduziert das Wahre auf das Verständliche, das mit der Verstand Verifizierbare.

Kann die Philosophie weiterhin nur mit der Vernunft als einziges Instrument der Inteligibilität zur Deutung und Begründung reichen?

Kann die Theologie weiterhin festhalten an einer monotheistischen Tradition (und ihres marxistischen Anhangs) um für das zeitliche Wohl der Menschheit arbeiten zu können? Muß der afrikanische und asiatische Geist sich der profanen universalen Technologie opfern, die, obwohl befreiend, betäubt und die Vielfalt ausschaltet?

Wie kann man die inneren Verfallsprozesse aufhalten und umkehren und zu einem Weltbewußtsein gelangen?


Gemeinsamkeiten der Kulturen suchen

Durch Überwindung der Ideologien

Die Wurzel aller Kulturen sind die Religionen. Religionen waren und sind mehr oder weniger direkt wesentlicher Bestandteil der Identität einer Kultur.


Oft muß man beobachten, daß die unterschiedlichen Formen des Glaubens Menschen voneinander trennen. Glaube kann Feindseligkeit, Trennung und Zerstörung bringen, und das ist nicht Religion. Die Begegnung zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubensformen oder Religionen setzt voraus, daß man die Relativität von Bildern, Ritualen und Glaubenssätzen sieht. Nur dann kann man sich durch das Zeitlose, das über diesen Äußerlichkeiten steht, begegnen.


Glaube an Gott, d. h. Glaube im Sinne des Fürwahrhaltens, Rituale, Zeremonien sind nicht Religion, sie sind Formeln. Bilder können Symbol sein. Ein Symbol, ein Wort ist aber nicht, was es repräsentiert. Im Zen-Buddhismus wird in diesem Zusammenhang der Vergleich herangezogen, wenn du mit deinem Finger auf den Mond zeigst, verwechsle nicht deinen Finger mit dem Mond. Man läuft Gefahr, die Symbole zu einer Religion zu machen. Gott ist aber nicht dort.


Menschen werden durch unterschiedliche Traditionen in einen Glauben oder eine Weltanschauung hineingeführt und haben dann diesen Glauben. Häufig “hat” man ihn, ähnlich wie einen Gegenstand, aber man “ist” nicht, d. h. der Glaube, die Religion durchdringt nicht den Menschen, sondern ist nur ein Anhängsel, das man einfach übernommen hat, ein Teil der Kultur.


Der Begriff Religion muß bereinigt werden durch die Verneinung dessen, was Religion nicht ist, damit wir verstehen, was Religion ist. Religion ist die fundamentale Dimension des menschlichen Seins.

In Indien gab es zur Zeit Buddhas (6. Jahrh. vor Chr.) verschiedene Wandermönche, die unterschiedlichen Weltanschauungen angehörten und miteinander stritten, weil jeder glaubte, im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein. Buddha erzählte ihnen deshalb folgende Geschichte: “Es war einmal ein König, der rief zu seiner Zerstreuung etliche Bettler zusammen, die von Geburt an blind waren und setzte einen Preis aus für denjenigen, der ihm die beste Beschreibung eines Elefanten geben würde. Zufällig geriet der erste Bettler, der den Elefanten untersuchte, an dessen Bein, und er berichtete, daß der Elefant ein Baumstamm sei. Der zweite, der den Schwanz erfaßte, erklärte, der Elefant sei wie ein Seil. Ein anderer, welcher ein Ohr ergriff, beteuerte, daß der Elefant einem Palmblatt gleiche usw. Die Bettler begannen untereinander zu streiten, und der König war überaus belustigt.”

Diese Parabel verliert nie an Aktualität. Ideologien sind einseitig, weil nur vom Verstand formuliert und an Ort und Zeit orientiert. Und da sie ihre eigene Identität in dialektischer,  Gegensätzlichkeiten betonender Beziehung zu anderen Ideologien aufbauen, sind sie unfähig zur Selbst-Reflexion und damit unfähig, die eigene Örtlichkeit und Zeitlichkeit zu überwinden. Die Ideologie ist totalitär, weil sie meint, die Gesamtheit der menschlichen Erfahrung zu erfassen. Sie verlangt die Unterwerfung der privaten Überzeugung. (In der Kirche: “de internis non judikat ecclesia”). Die Vermeidung zukünftiger Weltkriege zwischen den Kulturen kann nur stattfinden durch Einigung, indem die Ideologien sich ihrer Relativität bewußt sind und an einem gemeinsamen Interesse arbeiten. Interessen einigen, weil sie zu Kompromissen führen.


Die Religionen müßten ihr ideologisches Gerüst kritisch reflektieren. Die religiösen Institutionen verstehen sich auch als Wachhunde der Kultur, aber sie sind zu Löwen geworden, je nach Religion mehr oder weniger stark. Sie werden oft zur Gefahr für den einzelnen Gläubigen und für andere Kulturen.


Anstatt sich an Ideologien zu klammern, ist es angebracht, zu den dahinter stehenden Theorien zu kommen. Und die Theorien müßten in einen globalen Zusammenhang gebracht werden, damit sie heutigen Anforderungen entsprechen. Ein Kriterium zur Überprüfung der Globalitätsfähigkeit unserer Theorien ist die Überprüfung ihrer Entstehung: Die traditionelle Haltung jeder Philosophie ist, dass die Praxis aus der Theorie folgt, wobei der Vorrang des Denkens vorausgesetzt wird. Die Ideologien hingegen leiten die Theorie aus der Praxis ab, wobei die Praxis Vorrang hat. Für Ideologien ist maßgebend, was in der Welt geschieht Es gibt keine letzte Instanz, keine Transzendenz. Die praktische Philosophie unterscheidet zwischen dem Gegebenen und dem Denken.


Unsere Welt wäre weiterhin ein Feld der Konfrontationen, wenn man fortfährt, sie den Händen von Ideologen zu überlassen, wie z. B.  Multikulturalisten, die Europa der Welt gleich machen wollen oder Universalisten, die unter dem Deckmantel des Universalismus und des Fortschritts die Angleichung der Welt an den Westen wollen.


Kultur wurde auf Feindbilder aufgebaut. Man fand zur eigenen Identität durch Gegnerschaft. Eigene Werte wurde verabsolutiert. Der Mensch von heute lebt immer noch, was Kultur betrifft, mehr im Gefühl von Feindbildern als in der Bindung an eine gemeinsame Weltkultur. Gemeinsame Weltkultur bedeutet weder, im Sinne der Multikulturalisten die Angleichung Europas an die Welt noch im Sinne der Universalisten, die Angleichung der Welt an den Westen.


Anstatt die vermeintlich universalen Aspekte  einer Kultur zu propragieren, gilt es, im Interesse der Kulturen-Koexistenz nach dem zu suchen, was den Kulturen gemeinsam ist. Das heisst Verschiedenheit akzeptieren und nach Gemeinsamkeiten, nach den Wesentlichen suchen. Dafür müssen wir eine andere Sprache finden als die der wissenschaftlichen Technokratie, die in der Dialektik verfangen ist.


Ängste und Selbstverständnis anderer Kulturen

Der hegemonische Anspruch der europäisch-amerikanischen Kultur, d. h. der Anspruch auf Beherrschung der Welt,  mit  dem Glauben an die Universalität der westlichen Kultur und ihrer Werte  ohne Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Kulturen ist fatal. Man vergisst, dass durch den Verfall der Sowjetunion die amerikanische Hegemonie nicht mehr nötig ist für die Interessen der verschiedenen Völker. Dieser Hegemonie-Anspruch widerspricht westlichen Werten wie Selbstbestimmung und Demokratie und widerspricht asiatischen und muslimischen Kulturen, die moralische Überlegenheit für sich in Anspruch nehmen.  Auch hier bei uns scheint der Werteverfall zu rechtfertigen, daß Einwanderer in eine Migration nach innen gehen, die der Bewahrung eigener Werte, eigener Gebräuche dient, auch wenn sie im Gegensatz zur Gastkultur stehen. Ihre Religiosität nährt sich zum Teil aus einer  moralischen Kritik an den destruktiven Tendenzen der westlichen Moderne, die im Widerspruch steht zur eigenen kulturellen Orientierung.


Auch in Ostasien versucht man sich vom Westen abzugrenzen. Präsident Wee von Singapur ist besorgt über die Beeinflussung der neuen Ideen und Technologien und die Aussetzung verwestlichter Werte wie Individualismus und egozentrische Lebensperspektiven. Er schlußfolgert: Es sei notwendig, die Kernwerte zu benennen, die den verschiedenen ethnischen und religiösen Gemeinschaften in Singapur gemeinsam seien und “die Quintessenz dessen enthalten, was es bedeutet, Singapurer zu sein”. Folgende Werte wären gemeinsam: “Die Gesellschaft über das Ich stellen, die Familie als Grundbaustein der Gesellschaft hochhalten, wichtige Fragen einvernehmlich und nicht durch Streit lösen; auf rassische und religiöse Toleranz und Harmonie drängen.” Er schloß ausdrücklich politische Werte wie Demokratie aus seinem Katalog aus.


In der islamischen Welt rechtfertigte Zulficar Ali Bhutto den Ausbau eines vollen Nuklear-Potentials für Pakistan folgendermaßen: “Die christliche, die jüdische, die hinduistische Zivilisation besitzen dieses Potential. Nur die islamische Zivilisation besaß es nicht, aber diese Situation sollte sich ändern”. (in Boston Globe, 14.8.93,S.2) Dies zeigt, daß der Zugang zur Globalität zuerst stattfindet durch den Zugang zum eigenen Kulturkern, der primär über Religion definiert wird.


Es ist klar, daß Zukunftsgeschichte zur Geschichte der großen Kulturen wird. Hier liegt das Betätigungsfeld, an dem wir viel zu knacken haben. Die großen Weltreligionen, die hinter den Weltkulturen als Identitätsregulatoren stehen, sind: Westliches Christentum, Orthodoxie, Hinduismus, Buddhismus, Islam, Konfuzianismus, Taoismus und Judentum. In ihnen sind die Indikatoren zur Spaltung oder zu gemeinsamen Werten. Eine Universalkultur kann nur auf dem Weg der Gemeinsamkeiten  und der gemeinsamen Suche beruhen. Im friedlichen Austausch voneinander lernen, einander gegenseitig das Leben bereichern. Das große Problem ist, dass  jeder dieser Kulturen sich allgemein gesprochen in verschiedenen Entwicklungsstadien der Identitätsfindung und Identitätsförderung befindet,  sei es soziologisch, sei es individuell gesehen.


Das Christentum scheint, soziologisch gesehen, seinen Beitrag zur Entwicklung des Westens schon erledigt zu haben und ist nicht mehr die treibende Kraft. Seine Aufgabe hat sich in die innere Entwicklung des Individuums in der Privatheit verlagert und in der Globalitätsproblematik.  Andere Kulturen, z. B. der Islam benutzen noch die Religion, um nationale Identitäten und Universalitätsansprüche gelten zu machen (Panarabismus). Die Unterschiedlichkeit der Funktionen, der Bewußtheitsgrad und die geschichtliche Entwicklung der Religionen müssen thematisiert werden, damit eine wahre Begegnung und Toleranz entstehen kann und nicht im Namen von religiöser Toleranz, Ideologien gefördert werden. Oft tut man so, als ob Religion gleich Religion wäre und in unserer europäischen Selbstherrlichkeit, als ob unsere Begriffs- und “Wirklichkeitswelt” gleich die der Welt wäre. Wir können nicht davon ausgehen, daß unser Demokratieverständnis in anderen Kulturen vorhanden ist, sonst mißverstehen wir andere Kulturen und laufen Gefahr, sogenannte Demokratien ohne  Demokraten zu fördern.


Bezüglich des Islam behauptet Prof. Mohamed Arkoun: “Noch kann die muslimische Welt nicht wirklich mit Kritik umgehen. In der arabischen Sprache fehlen Worte wie “Kritik” oder “Vernunft”, wie wir sie verstehen; Wir dürfen also kritisches Denken nicht voraussetzen, wir müssen es überhaupt erst einführen. Seit 1945 gibt es keinerlei Liberalität mehr in der arabischen Welt”.


Der Islam kann sich nicht weiterhin reduzieren lassen auf eine engstirnige moralische Ordnung, Geschlechtertrennung und Verschleierung von Frauen. Er muß zurückfinden zu dem, was der islamische Philosoph Averröes  schon in 12. Jahrhundert bezüglich der Lehre der doppelten Wahrheit sagte: es gibt die Wahrheit des Dogmas und die Wahrheit der philosophischen Spekulation (Er fand keinen Nachfolger im Islam). Die Aufklärung des Westens und mit ihr die Trennung von Religion und Politik, die Sekularisation, brachte Europa weiter.  Dieses Europa, das sich teilweise von der negativen Herrschaft Gottes befreite, beängstigt die islamische Welt ,die paradoxerweise keine andere Alternative sieht für ihr Selbstverständnis und ihre Selbstbehauptung als  Allahs Mantel. Während der Westen sich von Gott abwendet und damit in die Krisis kommt, klammert sich der Islam um so mehr an Gott. Anstatt ein anderes Gottesbild zu entwickeln, scheint der Westen sich völlig von einem Gottesbild zu distanzieren. Der Islam läuft im allgemeinen in die gegenteilige Richtung und damit in Phasen, die er selbst schon überwunden hatte.


Die Mythen als Weg

In der Zeit des Turmbaus zu Babel lebte die Gesellschaft in einer Sinnkrise beim Übergang von der Agrar- zur Stadtkultur. Weil die Menschen durch den Verlust Gottes keine Mitte mehr hatten, hatten sie das Bedürfnis, eine Mitte, die alle Menschen vereint, zu bauen. Die sinngebende Mitte war der Turm. Dies ist dem Bedürfnis ähnlich, eine Wertegemeinschaft des Westens zu schaffen. Aus diesem Mythos heraus können wir erkennen, daß es eine Mitte ohne Gott nicht geben kann bzw. zu einem Versagen führen muß wie beim Turmbau zu Babel, wo aus der angestrebten Einheit eine Verwirrung der Sprachen wurde, d. h. daß die Menschen sich nicht mehr verstehen konnten.

Es gibt Wege zur Gemeinsamkeit in den Mythen der Religionen, die einander ähnlicher sind und sich sogar überlappen, als das in den Erscheinungsformen der Religionen der Fall ist:  In der Vergangenheit  und noch heute werden Religionen als Instrument von Identifikation benutzt in der Abgrenzung und somit auf ihre soziologischen Erscheinungsformen reduziert. Die Religion werden auf historische Fakten oder auf die Ebene der Phänomene und die Funktionalität reduziert. Die Phänomenologie  vergleicht nur Stukturen oder Lehren.


In Christentum und Islam wird jeder Versuch einer esoterischen Vertiefung der Lehre durch die Obrigkeit für absolut unzulässig erklärt. Sie will nicht akzeptieren, dass es über ihren Bereich hinaus ein Gebiet gibt, das sich ihrem Urteil entzieht. Hier tut der Dialog mit den Religionen der mystischen Erfahrung wie Buddhismus, Hinduismus und Taoismus und mit der eigenen Mystik not. Es darf aber nicht vergessen werden, dass die modernistische Überbetonung der Subjektivität auch ein Irrtum ist, weil sie die Objektivität ausschaltet, aber ein noch größerer Irrtum ist die konservative Überbetonung der Objektivität und der Legalismus, der jeder wahrhafte Subjektivität erstickt.


Der höchste Zweck der Religion ist das Heil des Menschen und nicht, Gottes Hüter und Verteidiger zu werden. Die Verteidigung Gottes gehört zur Ideologie und diese zielt darauf ab, Macht über andere zu erlangen durch die Instrumentalisierung Gottes, sei es im individuellen, sei es im kulturellen Bereich (Kreuzzüge und noch heute der Heilige Krieg).


Dialektik/Dualismus/Mythos: Brücken bauen durch eine neue Sprache, die Sprache der Mythen, die Sprache des Herzens

Meistens wurde der Dialog zwischen den Religionen dialektisch geführt, das heisst in Konfrontation zwischen verschiedenen Diskursen (Logoi) wohl wissend, dass der dialektische Diskurs zur Beherrschung der einen Kultur über die andere führt. Der Dialog muß mit der Hilfe der Mythen geführt werden, wenn wir nicht mit der Konfrontation der Kulturen fortfahren wollen. Die Entmythologisierung des Mythos, d. h. der Versuch, die Mythen verstandesmäßig zu erklären, ist bis zu einen bestimmten Grad notwendig. Wenn Mythen aber zu einem reinen Gegenstand des Verstandes reduziert werden, dann wird Entmythologisierung zur Intoleranz, da eine Idee nicht eine gegensätzliche dulden kann. Der Mythos bewegt sich in der Freiheit des Seins, während das Denken sich in der Freiheit des Selektierens bewegt.

Der Mythos (Weltdeutung und Welterklärung) ist das, woran man glaubt ohne zu glauben, dass man daran glaubt, er ist das, was wir stillschweigend voraussetzen, was wir nicht in Frage stellen: der Mythos dient als letzter zeitloser Bezugspunkt, als Prüfstein der Wahrheit, er handelt von der Beziehung  zwischen  Gott – Welt und  Mensch als Ganzes. Man kann den Mythos in verschiedenen Stufen leben, d. h. als Raum, als Geschichte und als Welt des  Geistes.


Im Mythos des Kosmos herrscht die Wahrnehmung des Raumes. Wirklichkeit ist räumlich und die 3 Welten (Gott, Welt, Mensch) werden in räumlichen Begriffen verstanden: Oben die Welt der Götter, dazwischen das menschliche und darunter die Unterwelt.

Im Mythos der Geschichte herrscht die Zeit. Die 3 Welten sind Bereiche von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es geht um die Wahrnehmung der Subjekt-Objekt-Relation. In diesem Mythos sind wir besonders verfangen. Problem der Ontologie

Der Vereinigende Mythos bzw. der Mythos des Geistes: setzt die Überwindung der Dichotomie, d. h. den Zweispalt von Subjekt und Objekt voraus sowie des Dualismus. Es ist der Mythos der Bewegung auf die Ganzheit hin und ist das Ideal der Synthese. Die 3 Welten sind nicht nur räumlich oder zeitlich, sie sind vielmehr die Welten des Geistes, des Lebens und der Materie.


Wir haben den Mythos des Kosmos im allgemeinen überwunden und befinden uns im Mythos der Geschichte, wo es um die Subjekt-Objekt-Relation geht. Wir streben aber die Globalisierung an. Die Voraussetzung, um diese zu schaffen, ist, die Stufe des Vereinigenden Mythos zu erreichen. Das setzt weiter eine Rückkehr zu einem erneuertem mythischem Verständnis voraus und eine Schaffung neuer Mythen bzw. die Ur-Mythen jeder Kultur nicht auf die Entwicklung der eigenen Kultur zu beziehen, sondern als Menschheits-Mythen zu betrachten.


Die Welt braucht eine neue “historische Achse”, ein neues Bewußtsein, wie es im 6. Jahrhundert vor Christus in allen Hochkulturen geschah: Die neue Orientierung von Mythos zum Logos (Verstand) bzw. zur Philosophie und Wissenschaft. Die verschiedenen Kulturen kamen vom Wir zum Ich und zum persönlichen Gott. Fast zur gleichen Zeit traten entscheidende Ereignisse und Religionsstifter und Philosophen auf, die die zukünftige Geschichte wesentlich prägten. Es kam zu einem qualitativen Sprung in der Menschheitsentwicklung, zu einer gemeinsamen Bewußtseinsänderung.


Mit der Tempelzerstörung von Jerusalem wird Abstand genommen von einem völkischen Gott. Zarathustra verkündet die persönliche Erlösung (Sittlichkeit, Mensch nicht nur Zuschauer), Konfuzius und Laotse kommen zu einer persönliche Auffassung von Gerechtigkeit und Moral (persönliches Gewissen). In  Griechenland  geht man über von der Kosmologie zur Anthropologie. Heraklit entdeckt den Logos. Die Mysterien garantieren die Erlösung des Individuums. Wie hier der Mensch anfängt, sich abzunabeln vom Numinosen und der Tyrannei der Gruppe, so müßte heute ein ähnlicher Prozess der Entbindung der Menschen von den einzelnen Kulturen zu einer universelle Kultur stattfinden. Wie die Menschen damals vom Wir zum Ich kamen, müßte jetzt aus dem Ich heraus ein Wir werden, in dem sich das Ich bewußt aufgibt.

“Der Mensch kann ohne Mythos nicht leben. Anderseits wird der Mensch erst zu einem vollen Menschen, wenn er auch sein logisches Potential und seine geistigen Fähigkeiten entwickelt hat. Ebenso wie das Wesen des “Primitivismus” einer archaischen Kultur in seinen mythischen Merkmalen liegt, so ist der “barbarische Charakter” der zeitgenösischen westlichen Kultur im wesentlichen nicht auf die materielle Komponente einer bestimmten Zivilisation zurückzuführen, sondern auf die überragende Macht, die sie dem Logos (Verstand) zuschreibt.” (Panikkar). Mythos und Logos können nur im Geist existieren. Der Geist aber läßt sich weder vom Mythos noch vom Logos manipulieren. Der Geist ist Freiheit. Der Ort des Geistes ist das Schweigen, der Frieden. Kultur ist ein Geflecht von Mythos und Logos. Man kann nur völlig tolerieren, was man annimmt durch Verstehen (Logos) oder durch den Mythos. Die Beziehung der Vernunft ist dialektisch und die des Mythos dialogisch, das bedeutet, der Mythos schließt eine Wahrnehmung ein, die alles umfaßt. Obwohl der Ort der Religionen der des Mythos ist, das heißt des Dialogischen, Friedlichen, leben und verkennen die Religionen sich selbst, indem sie sich oft reduzieren lassen auf das Dialektische, Kriegerische.


Mystik der Ort der Begegnung

Einer der Folgen der Globalisierung ist eine Lebensform, die ins Transkulturelle weist. Das führt dazu, dem Transzendentalen in anderen Kulturen und in uns zu begegnen über die Transzendenz der eigenen Kultur. Dies verlangt sowohl auf national wie auf internationaler Ebene im Kulturellen aber auch den Übergang von nationalpolitischer Geschichtsschreibung wie Geschichtsdeutung zur Universalgeschichte als Gedächtnis der gesamten Menschheit. Es ist klar, daß nationale Geschichte auch als nationaler Mythos die eigene Erinnerung prägt. Diese Erinnerung bewirkt Zukunftsvorstellung und Zukunftsgestaltung, die dadurch regional werden, statt universal. Universales Bewußtsein kann nicht aufgebaut werden mit dem Parameter der Nationalkultur, aber auch nicht aus einem leeren Raum und aus Allgemeinplätzen  wie die Herstellung eines Wertekatalogs. Geschichte muß neu beschrieben werden aus einer Weltsicht heraus.


So wie die Nationalgeschichte als Pädagogik ein Hindernis darstellt zur Schaffung eines universalen Bewusstseins, so sind die Religionen zuerst ein Hindernis, bis sie zu sich selbst gefunden haben, bis sie zur Mystik zurückfinden, die mit dem Mythos Hand in Hand geht. Die wohlverstandene Religion ist der Weg zur Zukunft Europas und zur friedlichen Zukunft der Welt. Alle Religionen brauchen eine Institution, da nur sie Tradition ermöglicht, sie brauchen ein geistiges Milieu, das ethisches Handeln ermöglicht und mystisches Leben (Erfahrung Gottes), das uns den Horizont öffnet. Dieses mystische  Element ermöglicht eine gemeinsame Zukunft  und eine Weltkultur.


Ich bin der Meinung mit Raimon Panikkar, dass “die Begegnung zwischen den Religionen sich nicht auf neutralem Boden ereignen kann, in einem Niemandsland, was ein Rückfall in einen unbefriedigenden Individualismus und Subjektivismus darstellen würde”. Die Begegnung kann nur im Zentrum der religiösen Überlieferungen stattfinden, auf der Ebene des religiösen Mythos und nicht auf der Ebene der religiösen Ideologie, welche Menschen und Völker instrumentalisiert und oft als Institutionen Hindernisse zur Entwicklung des Menschen darstellen. Die Begegnung muß sich außerhalb von Moralvorstellungen  realisieren, weil diese Zeit und Raum gebunden sind im Gegensatz zu Religion. Es muß ein neuer Horizont den Erfahrungsaustausch aller Kulturen ermöglichen, wo Religion nicht nur die Bedeutung von re-ligare (wiederverbinden), sondern auch von entbinden hat, nämlich entbinden von Gottesbildern.


Eine neue Dimension von Kosmos-Mensch-Gott erschließt sich dann, wo Religion eine neue Daseinsform ermöglicht, in dem das Sakrale und das Profane keinen Gegensatz mehr darstellen. Im Christentum ist dieser Weg möglich durch die Trinität, die den Theismus, den Monismus und den Dualismus, Transzendenz – Immanenz übersteigt. Auf der Basis dieser trinitarischen Wirklichkeit, die in allen Religionen (als Lebensrätsel  und letzte Begründung) oft im Mythos versteckt, vorhanden ist, wird die Öffnung zur Gemeinschaft aller Menschen möglich, zur Welt, zur Natur und zum Geheimnis. Ein neues Bewußtsein, in dem die Religionen nicht mehr anstreben, die Religion der gesamten Menschheit zu werden. Ein Pluralismus ist notwendig, der im Glauben gründet, dass keine einzige Gruppe die Ganzheit der menschlichen Erfahrung umfasst. Er setzt zwar den eigenen Standort voraus, ist aber spiritueller Ort ohne die Diktatur der eigenen Tradition. Wenn Religionen  und Kulturen sich als Ort der Identitätsfindung und der Auseinandersetzung mit der Welt verstehen, dann können sie nicht weiter Gott einsperren bzw. vereinnahmen und mit ihm den Menschen fesseln.


Die vergangene Erfahrung lehrt, dass Wahrheitsbesitzer zum Krieg als Lösung von Konflikten greifen. Nicht die Behauptung der Wahrheit, sondern die Suche nach der Wahrheit charakterisiert den religiösen Weg des reifen Menschen. Eine gemeinsame Suche  ermöglicht die eigene Entwicklung und die der Welt. Die ganze Wahrheit schließt die Wahrheit der anderen ein. Karl Jaspers sagt: Die Wahrheit beginnt zu zweit. Und Dionisius Areopagita meinte: Schon der Anspruch, Gott in irgend einer Weise zu “erkennen” ist an sich Götzendienst.


Da Gott und das Gute jenseits des Seins liegen, ist Schweigen angebracht. “Wer die Theologie, sowohl diejenige des christlichen Glaubens als auch diejenige der Philosophie, aus gewachsener Herkunft erfahren hat, zieht es heute vor, im Bereich des Denkens von Gott zu schweigen. Denn der ontologische Charakter der Metaphysik ist für das Denken fragwürdig geworden, nicht aufgrund irgendeines Atheismus.” (Heidegger, Identität u. Differenz, S. 45).


Im Christentum vollzog sich die Enthellenisierung Gottes, die Gott mit dem Sein gleichstellte. “Der christliche Gott ist nicht sowohl transzendent als auch immanent. Er ist eine andere Wirklichkeit, die im Sein gleichwohl anwesend ist und aufgrund dieser Anwesenheit macht er das Sein seiend”(Cfr. Devart, The Future of Belief S.139)


Jeder Glaube jeder Kultur stellt eine Chance dar zur Entwicklung und Selbstfindung; sie stellen aber gleichzeitig eine große Gefahr dar, indem sie uns zeigen wollen, was Wahrheit, was Gott ist. Was bewußte Menschen zu tun haben, ist nicht von Gefängnis zu Gefängnis zu rennen, in der Illusion, die Wahrheit irgendwo in einer Kultur oder Religion zu finden, sondern die Mauern, die Handschellen der eigenen Kultur zu erkennen und damit zu begreifen, dass, was wir suchen, jenseits jeder Kultur, in uns selbst liegt. Nur dann kann man ergriffen werden und staunen. Schon Jesus hat festgestellt, dass Gott, die Wahrheit nicht im Tempel oder nur im Judentum zu finden ist, sondern inmitten des Menschen, der in der Gemeinschaft lebt, die alle einschließt.



Damit Europa nicht zugrunde geht und seine Aufgabe für die Welt erfüllt, muß es zur Mystik finden. In diesem Gott, der alle Namen hat, gibt es immer eine Zeit und einen Raum, wo alles möglich ist. Da gibt es Platz für Mythos und Wissenschaft, für Aktivität und Passivität fern von anhaftenden Vorstellungen, wo wir uns nicht verschließen brauchen wie die Schnecke, die sich bei jeder Herausforderung in ihr Schneckenhaus zurückzieht und somit den Sinn für andere Wirklichkeiten verliert. Schön ist es, wenn ich mitten in unserem Leben, das Gott durch Aktivismus zu verwirklichen sucht, noch die Möglichkeit einräume, ans Meer, auf den Berg, in die Wüste zu gehen, um die Stille zu hören und mich dabei dem Spiel hingebe, einen neuen Namen für Gott zu finden. Mystische Erfahrung ist Glück und sie macht heimatlos, wobei man das Zuhause überall findet. Da hat Gott zwar viele Namen, mit denen man aber spielen und damit wachsen kann, aber an denen man nicht hängen bleibt. Jede Kultur, jeder Mensch schafft sich ein Gottesbild je nach seiner Entwicklungsphase, da die Gottesvorstellung des Menschen und kulturelle Lebensformen sich bedingen. Heute gibt es das Bedürfnis, ein neues Gottesbild zu schaffen, das den Anforderungen der Globalisierung entspricht.


António Justo,

Hofgeismar, den 7. 5. 2000

(1) Die Katholizität, d. h. das Umfassendsein des christlichen Glaubens  liegt gerade darin, dass der Glaube Form annimmt in verschiedenen Formen. Die abendländische Form des Christentums ist nur eine der möglichen Formen des christlichen Glaubens.




Der Mythos des ersten europäischen Helden Odysseus, der unter anderen Mythen die Identität Europas formte, wäre heute noch zu leben (als Programm). Oysseus läßt sich an einen Schiffsmast fesseln, um die verführerischen Göttinnen, die Sirenen hören zu können, und ihnen nicht zu folgen bzw. nicht von ihnen getötet zu werden. Er will bewusst leben. Dieser Mythos sagt aus, daß die Leidenschaft durch den Verstand gemäßigt wird. Odysseus schaltet das Gefühl nicht aus, aber durch die Herrschaft des Verstandes über das Gefühl unterliegt er ihm nicht.


Fest steht der Gott der Religionnen wie sie ihm uns darstellen genügt nicht; das Absolute der Philosophie  auch nicht; das unendliche Grenzen der Wissenschaft auch nicht

Panikkar in “Gottesschweigen”. meint: “Die Rettung liegt aber nicht im Gott. Die Rettung liegt in der Weigerung, irgend eine Philosophie zu einer Ideologie zu machen, die gewissermassen Gott zum Mittelpunkt hat””Gott ist der Urgrund jenseits des Seins und deshalb jenseits jeder auch nur theoretische Möglichkeit des Zugriffs”.


António da Cunha Duarte Justo,

Vortrag gehalten in der Freien Akademie,  Hofgeismar, am 7. 5. 2000

JOVENS MUÇULMANOS MAIS VIOLENTOS QUE JOVENS DOUTRAS RELIGIÕES


Investigação sobre a Relação entre Brutalidade e Pertença Religiosa

de Jovens de Descendência Migrante

António Justo

Cientistas do Instituto de Investigação de Criminologia do Estado da Baixa Saxónia, na Alemanha, fizeram uma investigação durante dois anos, sobre o comportamento de jovens de descendência migrante, pertencentes a diferentes confissões religiosas. A investigação foi feita em 61 cidades a 45.000 jovens entre os 14 e os 16 anos (10.000 com fundo migrante). Segundo suas informações e de vítimas os delitos centram-se em lesões corporais e roubos.


O resultado a que chega o Estudo, agora apresentado, vem confirmar a opinião popular de que o Islão, ou a sua apresentação, favorecem a violência.


De facto, jovens muçulmanos são mais violentos do que jovens doutras religiões. A quota de maior criminalidade entre os crentes islâmicos “muito religiosos” é de 23,5% e entre os crentes islâmicos “algo religiosos” é de 19,6 %.


A quota, entre os crentes cristãos (maioria de proveniência russa e polaca) é de 12,4% nos “muito religiosos” e de 21,8% entre os “não religiosos”.


Os jovens cristãos quanto mais religiosos são mais pacíficos e menos machistas e no Islão quanto mais religiosos mais violentos e mais machistas.


O criminólogo Christian Pfeiffer verifica que o culto do poder fomenta a violência: “um problema do Islão ou um problema da mediação do Islão”.


A Ministra da Integração do Estado da Baixa Saxónia, Aygül Özkan (de origem turca)  diz que “faltam modelos positivos” para os jovens muçulmanos.


Segundo o porta-voz do Estudo, Christian Pfeiffer, a religiosidade muçulmana “fomenta a aceitação de cultura macho”. Na religião e na família os jovens têm o exemplo duma imagem conservadora que afirma o privilégio do homem.


Deu-se uma quebra cultural que levou ao avanço das mulheres e à frustração e agressão do sexo “forte”.


A juventude é vítima, devido, por um lado, ao carácter de Gueto da própria cultura que se fecha em enclaves turcos e, por outro lado, a dificuldades de integração.


Também o Prof. Dr. Rauf Ceylan (de proveniência turca) confirma, em entrevista, que “quanto mais religiosos os jovens são mais desce a identificação com a Alemanha”.


Os jovens são vítimas e agentes da violência.


António da Cunha Duarte Justo

antoniocunhajusto@googlemail.com

FAMILIE IM WANDEL DER ZEIT

Die Krise in der heutigen Familie

António Justo


Die Familie unterliegt seit ihrem Entstehen einem ständigen Wandlungsprozeß. Es gab immer schon Krisensymptome. Trotzdem hat die Familie überlebt und wird auch weiter überleben. Man kann feststellen, daß die wirtschaftliche Entwicklung die Familiengeschichte und das Bild von Familie maßgebend bedingt.

Zunächst verstand man unter Familie die Sippe als Rechts- und Schutzgemeinschaft und nicht als Lebensgemeinschaft. Ab dem 11. Jahrhundert verliert die Sippe an Bedeutung. Die Abstammungsfamilie wird immer mehr zur Haushaltsgemeinschaft, die ihr Vermögen zusammenhalten und für die Mitglieder nutzbar machen will.

Im 19. Jahrhundert entsteht die Kern- oder Kleinfamilie.


Der Ursprung der Kernfamilie im Abendland

ist begründet in

1.) einem Personenverständnis der jüdisch-christlichen Tradition und in der neuzeitlichen Aufklärung (Emanzipation);

2.) sowie in der Entwicklung des Bürgertums und der Industrie.


Der schnelle Wandel in der Familie ist eine direkte Folge des wirtschaftlichen Wachstums, das der Kapitalitsmus des 19. Jahrhunderts hervorbrachte. Die moderne Marktwirtschaft veränderte von Grund auf Werte und Verhalten. Sie führte zur Verdrängung der traditionellen Wirtschaft (Familie). Während die traditionelle Familie Treue gegenüber den Vorfahren und den zukünftigen Erben auf Kosten der Selbstverwirklichung forderte, steht jetzt in der Kleinfamilie der materielle Lebensstandard, Individualismus und Selbstverwirklichung im Vordergrund.


Der neue Staat seinerseits mit seinen Eingriffen in die persönliche Sphäre zwingt die Familie, ihre Selbstbestimmung und damit ihr Solidaritätsgefühl aufzugeben.

Die Industrie verlangt jetzt Arbeiter, die wie Soldaten rekrutiert werden. Damit entfernt sich die traditionelle Bevölkerung voneinander und wird entwurzelt. – Ein Beispiel dafür sind die Arbeitsemigranten und die geforderte Mobilität zugunsten des Arbeitsplatzes.


Die Logik des Marktes fordert zwingend den Individualismus. Das System hat nur dann Erfolg, wenn jeder Teilnehmer rücksichtlos seine eigenen Interessen verfolgt. Wirtschaftlicher Egoismus führt zum kulturellen Egoismus. Private Befriedigung wird wichtiger als sich dem Allgemeinwohl unterzuordnen.


Der Kapitalismus förderte den Wunsch, frei zu sein, den Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit und sexueller Entfaltung. Geschlechtsverkehr vor der Ehe und Partnerwahl geschieht jetzt auf der Grundlage persönlicher Anziehung (romantische Liebe) anstatt wirtschaftlicher Faktoren. In der Beziehung zwischen Mann und Frau taucht der Wunsch auf, frei zu sein. Interessant ist es zu beobachten, daß reiche Familien der sexuellen Revolution entgingen, weil sie die Werte der Familie über alles andere stellten. Die unteren Schichten hatten keinen Besitz zu vererben, daher konnten sie individuelle anstatt familiäre Ziele verfolgen. Die hochgepriesene “romantische Liebe” bedeutete persönliche Selbständigkeit. Der Mittelstand (Ladenbesitzer, Bauern, kleine Handwerker) klammerten sich an anti-erotische und gemeinschaftsbezogene Werte der traditionellen Gesellschaft, um den Fortbestand des Geschlechts zu garantieren. Mutterliebe war der höchste Wert. Im Adel blieben diese Werte noch bis heute erhalten.

Wirtschaftliches Wachstum ermöglichte es, daß Frauen ihre Rolle als Arbeitskraft in der Produktion mit der Pflege des Kleinkindes vertauschten.



Die Kleinfamilie


Die Kleinfamilie (Vater, Mutter, 1- 2 Kinder) wurde besonders durch die bürgerliche Revolution in der Industriegesellschaft gefördert. Folglich gab es eine Konzentration auf das familiäre Klima. Arbeitsteilung, persönlicher Wert des Ehepartners, das Vermehren des Familienaggregats begünstigt den Binnenhandel und den Konsum. Idylle und Glück zu zweit. Die Idee von der romantischen Liebe ist nur scheinbar aus einer humanistischen Überzeugung heraus entstanden, sie ist Ergebnis und gleichzeitg Voraussetzung des neuen wirtschaftlichen Systems.


Konkurrenzdenken wird immer stärker. Man strebt ein eigenes Haus an – früher das Privileg einiger weniger –  und für die Kinder das Hochschulstudium. Alles Erstrebenswerte wird nur auf die eigene kleine Familie begrenzt.



Die heutige Krise der Kleinfamilie verlangt eine neue Reflexion


Überlegt werden muß, was an den Veränderungen innerhalb des Familienbildes

1. Zerfallserscheinungen sind,

2. was Änderung einer gesellschaftlich bedingten Form bzw. überholte Leitbilder,

3. und was ein Fortschritt im Hinblick auf einen ganzheitlichen, humanen Anspruch darstellt.

Die Familie weist heute eine religiöse Entfremdung auf, die uns Sorge bereiten müßte. Verursacht wird diese religiöse Entfremdung auch berechtigterweise durch unnötige Härten innerhalb der herkömmlichen religiösen Institutionen, falsche Akzentsetzung und männliche Orientierung.

Früher, als die Ehe auf der Zeugung und Erziehung der Kinder aufgebaut war, wurde keine persönliche, reife Entscheidung vorausgesetzt, sondern sie war Resultat der Entscheidung des Familienoberhauptes im Interesse der Sippe.

Während die alte Familie viel stärker durch wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und traditionelle Aufgaben gesichert war, ist die Familie der modernen Gesellschaft viel mehr auf ihre geistigen, seelischen und moralischen Kräfte angewiesen. Dies birgt Gefahren und Chancen.


In einer modernen Welt, wo Ehe als Liebes- und Lebensgemeinschaft zwischen den Eheleuten verstanden wird, wird vom Individuum eine größere Reife und Bewußtseinsentwicklung verlangt.


Man läuft sogar in der Theologie Gefahr, die Kleinfamilie zu idealisieren. Auch der Satz des II. Vatikanums von der Ehe als Liebes – und Lebensgemeinschaft zwischen den Eheleuten kann die Idee der Familie als geschlossenem Kern fördern.

Der Glaube bindet uns nicht an ein Familienmodell oder an eine besondere Ideologie über Familie. Er hat Werte aufgrunddessen sich die Familienmodelle orientieren kann.


Vorteile der Kleinfamilie

Die Kleinfamilie beschleunigt die persönliche Reifung des einzelnen. Die Betroffenen bestimmen ihr eigenes Schicksal, sie sind zu Selbstverantwortlichkeit und Liebesfähigkeit aufgefordert. Das Kind wird im Gegensatz zu früher als Frucht der eigenen Liebe verstanden. Lebensvorstellungen müssen von der Kleinfamilie selbst verwirklicht werden.



Gefahren und Nachteile der Kleinfamilie

Unter den Gefahren und Nachteilen der Kleinfamilie ist die Einsamkeit der Eheleute zu nennen: sie sind allein und ohne Hilfe in ihren Gefühlskrisen, aufgesaugt in den familiären Verpflichtungen.


Die Kleinfamilie, die sich ausschließlich auf der romantischen Liebe aufgebaut hat, steht auf schwächeren Füßen, weil die sexuelle Zuneigung unbeständiger ist.


Die Frau wird an den Rand gedrängt durch ihre häuslichen Verpflichtungen und sich daraus ergebende Absonderung in der Aufgabe, die Kinder zu erziehen. Dem Vater wird Verantwortung abgesprochen, da er weit weg von der Familie arbeitet in einer immer bedeutungsloseren Beschäftigung (z. B. Schichtarbeit). Es entsteht eine vaterlose Gesellschaft.

Es mangelt an sozialen Möglichkeiten, auch für die Kinder, so daß sie schon in ihrer ersten Kindheit mit Komplexen beladen werden.

Die älteren Menschen werden aus dem sozialen Leben ausgeschlossen. Das Zusammenleben der verschiedenen Generationen jedoch wäre wichtig für eine seelische und geistige Unterstützung der Jüngeren.



Nebenprobleme:


a) Protest gegen die familiäre Autorität


Als Ergebnis dieser industriellen Entwicklung stellen wir einen Verlust der familiären Autorität fest. Die Jugendlichen lehnen sich gegen die Eltern auf. Während man früher sein Leben lang an die Eltern gebunden blieb, ist es heute ein erklärtes Ziel, sich von den Eltern gefühlsmäßig zu lösen. Während das Arbeitsleben früher trotz seiner Härte, den Menschen als ganzes Wesen forderte und ihm dadurch Sinn gab, reduziert die heutige Produktionsgesellschaft den Menschen zur Maschine. Dadurch verlieren die Eltern ihre Rolle als Leitbilder. In einer Arbeitswelt, wo der Mensch zu einer maschinenhaften Arbeitsweise gezwungen wird und dabei seine Persönlichkeit und seine Würde einbüßt, gerät der Vater in Mißkredit vor den Kindern und kann für sie nicht mehr Modell sein.


Die Eltern büßen ihre Rolle als Erzieher ein. Sie scheinen immer mehr zu Fremden zu werden, nicht mehr zu Vertretern des Familiengeschlechts. Das Elternpaar weist eine wachsende Instabilität auf. Der Einfluß der Familie auf das Kind geht zurück zugunsten des Einflusses der Umwelt: das Fernsehen, die Schule; die Altersgenossen wirken stärker auf das Kind ein.


Die Gesellschaft, in der alles erlaubt ist, verursacht andererseits z. T. ein verstärktes autoritäres Verhalten der Eltern als Gegengewicht. Dadurch geraten die Kinder und Jugendlichen in einen Zwiespalt.


Auch die Gesellschaft, die von Konsumdenken bestimmt ist, kann keine Modelle und Leitbilder vermitteln. Menschenbilder sind mit Weltbildern verbunden. Wenn man sie reduziert auf individuelle, subjektive Bilder, z. B. Leben ausschließlich im Hier und Jetzt, materieller Wohlstand usw. wird ein verläßliches Menschenbild ausgelöscht. Die Gesellschaft klammert sich jetzt immer mehr an Bilder bzw. Werte der Massenmedien, Werbung etc. Die anonyme Gesellschaft konfrontiert den Menschen nur noch mit sich selbst als Individuum. Die Familie wird zum isolierten Kern und wird zudem als Werkzeug dieser Industriegesellschaft benützt. Die Konsumgesellschaft hat Interesse daran, daß es überwiegend Kleinfamilien oder gar Singles gibt, weil dies den Konsum steigert, z. B. es werden mehr Häuser, Wohnungen, Einrichtungsgegenstände usw. gebraucht. Auch der Nahrungsmittelverbrauch ist bei Singles bzw. in Kleinfamilien höher als in Großfamilien.


Parteien, Kirchen und Verbände machen im allgemeinen nichts gegen den Orientierungskonflikt zwischen beruflicher Entfaltung und Familiensinn. Die Arbeitswelt verlangt ebenso wie die Familie den totalen Einsatz.



b) Frauenemanzipation:


Die Frau identifiziert sich nicht mehr nur mit der Mutter- und Gattinnenrolle. Die industrielle Revolution ermöglichte ihr Selbstbestimmung, so daß sie die Ehe auch als ein Instrument der Unterdrückung und Entfremdung erlebt. Der Mann nimmt die Frau nicht nur als Hausfrau wahr, sondern auch als Kollegin und Partnerin in sozial anerkannten Bereichen.


Im Gegensatz zu früheren Zeiten stellen wir eine Aufwertung der weiblichen Sexualität fest. Sexualität wird begriffen als Mittel des Dialogs, der nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Familiengründung und der Ehe gesehen wird. Dies bringt die Frau auch aus ihrer passiven Rolle heraus. Sie wird zur verantwortlichen Person und eigenständigen Partnerin.


Die Frau hat nicht nur eine relative Gleichberechtigung erreicht, sondern es entstand auch eine Verwischung der Unterschiede zwischen Mann und Frau. Die Emanzipation wurde zweifellos sehr stark durch die Industriegesellschaft vorangetrieben. Hier muß die Frau aufmerksam sein, daß ihr nicht das gleiche geschieht wie dem Mann, d. h. daß die Frau nicht wie der Mann nach dem Männerbild der Industriegesellschaft umfunktioniert wird. Die unterschiedlichen Fähigkeiten von Mann und Frau sollten als Bereicherung wahrgenommen werden.


Eine wohlverstandene Emanzipation der Frau, die aus einem Personen- und Individualitätsbewußtsein kommt, würde zu einer geistigen Vertiefung des einzelnen und zu einer reiferen zwischenmenschlichen Beziehung führen. Dies könnte auch die innere Entfaltung des Mannes als Folge haben.


Konstruktive Kritik


Wir leben in gewisser Weise in einer totalitären Gesellschaft, in der die Bedürfnisse manipuliert bzw. künstlich geschaffen werden durch Industrie, Massenmedien und Politik mit dem Ziel, mehr Konsum und Abhängigkeit bzw. Zügelung des Menschen zu erreichen. Dabei soll das kritische Denken ausgeschaltet werden. Dahinter steckt die Absicht, den Menschen einfacher handhaben zu können. Der Mensch kommt dahin, daß er auf die menschliche Würde verzichtet.


Die Gesellschaft und Politik, teilweise auch die Religion werden von Technik und Wirtschaft beherrscht. Sie bedingen und kontrollieren die gesellschaftliche Anpassung der Massen. Bürokratie wird immer weniger zum Dienst und immer mehr zur Kontrolle.


Politiker sehen die Familie hauptsächlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, z. B. als Institution zur kostengünstigen Kinderpflege. Die Familie wird nicht ernstgenommen bzw. als Werkzeug benutzt durch eine falsch verstandene sozialdemokratische Sozialpolitik (Familie als Überbleibsel von Konservativismus und Bourgoisie), die sich verbinden mit den Neokonservativen, die in der Familie eine Möglichkeit sehen, ihre Mißwirtschaft zu retten. Ökonomische Defizite sollen von der einzelnen Familie ausgeglichen werden, z. B. indem sie weitgehend für die Erziehung und das Studium der Kinder aufkommen muß, ebenso bei der Kostenübernahme für Eltern oder Kinder im Falle von Arbeitslosigkeit und Abgleiten in die Sozialhilfe etc.


Die Gesellschaft lebt von der Spannung zwischen individuellem Wohl und Allgemeinwohl. Es wäre eine Täuschung zu glauben, daß das Allgemeinwohl lediglich die Summe des persönlichen Wohls aller ist.


Die Industriegesellschaft leidet an Entseelung, Anonymität, Vereinsamung, Bürokratisierung und Allmacht des Staates. Hier hat die Familie eine besondere Aufgabe zum Schutz der Persönlichkeit, Freiheit, Moral und hat eine unmittelbare Verantwortung bei der Zukunftsgestaltung. Sie ist die einzige Institution, die durch alle Zeiten hindurch bleibt. Das Wohlergehen der Person und Gesellschaft sind vom Wohlergehen der Ehe und Familie abzuleiten.


Familie könnte bewußt als Gegenpol zu einer immer gleichförmiger werdenden Gesellschaft gefördert werden. Das setzt ein anderes Bewußtsein von Gesellschaft und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Individuen voraus. Sie sollte Maßstab der gesellschaftlichen Entwicklung sein, und nicht der Entwicklung hinterherlaufen.



Vorschläge:


Es ist eine kind- und familiengerechte Stadtplanung nötig, wo Lebensräume und gesellschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden, so daß Familien in eine lebendige Gemeinschaft hineinwachsen, wo sich Vater, Mutter und Kinder in einer Vielfältigkeit von Modellen ausdrücken können und wo Kinder die Möglichkeit haben, sich mit der Erwachsenenwelt zu identifizieren. Es ist eine Ausweitung der Familie notwendig, so daß Kinder nicht nur an die eigene Familie gebunden sind. Würde die Isolierung der Familie aufhören und in größeren Gemeinschaften, z. B. in Wohngebietsgemeinschaften tatsächlich eingebettet sein, könnte sich jeder sinnvoll mit seinen Fähigkeiten einbringen und nach außen wirken. Ein extremes Beispiel dafür wäre eine Art Kibbuz. Wenn eine solche Form des Zusammenlebens auch nicht das Erstrebenswerteste sein muß, könnte die Gesellschaft doch stärker in diese Richtung gehen. Dies würde sich auch dahingehend auswirken, daß ein familiärer Egoismus und die familiäre Abkapselung abgebaut werden. Neue Gefühlsbindungen könnten dabei entstehen mit dem Ziel einer interfamiliären Gesellschaft.

Wir brauchen ein neues Gefüge von Möglichkeiten, in dem die Familie sich entfalten kann.


Die Stärkung der Familie setzt auf der äußerlichen Ebene voraus: Arbeitszeitverkürzung und eine andere Arbeitszeitverteilung, familienfreundliche Wohnungsbaupolitik, die nicht nur die Kleinfamilie im Blickfeld hat, sondern auch ein Zusammenleben mehrerer Generationen ermöglicht, außerdem finanzielle Verbesserungen für Familien und mehr Bildungs- und Berufschancen für Frauen.



Schlußfolgerungen


In der Familie findet der Austausch der Güter und Dienste auf der Grundlage der Liebe statt. Das Ideal wäre, in der Familie einen vollkommenen Kommunismus nach der Formel zu praktizieren: Jeder gibt nach seinem Können und jeder erhält nach seinem Bedarf. Dies bedeutet Ansporn zu Selbstlosigkeit, Hingabe, Opferbereitschaft und Selbstüberwindung. Die Familie wird zu einem Ort, in dem Empfindungen und Überzeugungen gemeinsam gelebt und auf die kommende Generation übertragen und im Alltag verwirklicht werden.


Die Familie weist hinaus auf die Menschheitsfamilie, da in ihr der Grundstein gelegt wird für das Verbundensein mit anderen Menschen und sie ist gleichzeitig Symbol der Einheit.


Dom Helder Câmara sagt: “Entscheidet Euch ein für alle Mal für die Menschheitsfamilie. Lebt im Maßstab der Erde oder besser noch des Universums.”


António da Cunha Duarte Justo

Vortrag in der Stadthalle Baunatal

April 1992

DA REPÚBLICA À PARTIDOCRACIA

OS DANÇARINOS DO PODER E AS REPÚBLICAS

António Justo

A República encontra-se muito débil. Temos assistido à transformação do cidadão em produto “republicano” através da retorta do partido. A falta de conceitos próprios, de heróis e de personalidades de consciência nacional, impediu a concretização de modelos válidos e uma atitude de autoconfiança. A existência duma Constituição de cunho ideológico e dum Tribunal Constitucional demasiado dependente do governo e indiferente à coisa pública, são sintomas duma sociedade portuguesa distraída e dividida. Por tudo isto, nem a Constituição portuguesa nem o Tribunal Constitucional se encontram presentes na consciência do povo, apesar das irregularidades governamentais. Falta-lhes a autoridade moral para se imporem, também porque a Constituição não é suficientemente forte e coerente para possibilitar exames de conformidade constitucional sob critérios baseados num Estado de Direito provado.


A República não produziu modelos de identificação; quando muito produziu catalizadores de projecção ideológico-partidária sem capacidade para equacionar valores integrais. A crise vem pôr a descoberto a sua fragilidade.


É crassa a diferença entre a República alemã e a República portuguesa. Uma comparação entre as duas, a nível de constituição, tribunal constitucional e de telejornal leva à constatação de duas formas de estar de qualidade diferente (assunto importante para doutorandos e estrategas políticos). O Tribunal Constitucional português subserve, pelo menos tacitamente, o governo e a burocracia. Não se conseguiu afirmar no controlo da aplicação do direito, nem se afirma na defesa da soberania nacional em relação à União Europeia, ao contrário do que acontece no Trib. Const. Alemão que não aceita tudo o que o governo faz e, com certa regularidade, obriga o Parlamento e o Governo a elaborar/revogar leis em defesa da justiça social. Quanto à comparação dos telejornais, o fio condutor da TV portuguesa é emocional. Portugal deixa-se conduzir pelos sentimentos e por isso fomenta política emocional e teatral. Um povo, cultural e civilmente desconfigurado, dá origem a uma república de formato partidário. Esta realidade exige uma reforma radical do indivíduo e da sociedade.


Com o golpe-de-estado de Abril de 1974, Portugal retomou a democracia ajustando o processo histórico português ao tempo. Ao mesmo tempo, perdeu definitivamente a visão de Nação real presente no mundo. Cedeu as suas zonas de influência histórica ao bloco soviético, abdicando assim da sua vocação atlântica e correspondente poder estratégico. As razões estratégicas e os interesses, que tinham determinado a pertença de Portugal e da Turquia à NATO, deixam de ser trunfo para Portugal. A sua orientação exclusiva no sentido da Europa Central atraiçoa a sua vocação histórica universalista. Esta opção, em termos históricos, revela-se como retrógrada favorecendo um globalismo eurocêntrico de cunho americano.


O longevo definhar da Nação, começado com o domínio filipino e acentuado com o terramoto de Lisboa (1755) e as invasões francesas, concretiza-se agora na redução de Nação, de perigo chauvinista, a Estado alienado. A vontade nacional portadora da nação dá lugar à organização de interesses individuais, isto é, de grupos (uma revitalização elaborada das tendências tribais na política). Com a “revolução”, o símbolo armilar da bandeira reduziu-se a uma recordação e à presença lusófona e migrante no mundo, acompanhada de alguns foguetes de vista em instituições internacionais.


O golpe militar, na forma como se deu, foi a sequência de ilusões míopes na cedência ao bloco de Leste, como a queda do socialismo real demonstrou. O andar da História contradisse as apostas feitas. Contudo, a História não é uma via de sentido único e a política pode seguir novas dimensões. O que falta é uma via que assuma a dimensão do povo que não tem tido quem o descreva nem quem lhe dê expressão. A nação continua a ser um jardim infantil quando poderia já ser uma universidade.


Não se pode acusar o 25 de Abril pelos erros históricos que cometeu porque os seus actores apenas revitalizaram a miopia reinante, de há séculos, que se reduz a uma política do ámen às nações fortes da Europa num pioneirismo queque e ocasional ideológico de alguns, sem programa aferido. Em relação à Europa, a Inglaterra, embora continuando europeia, soube defender as suas relações e interesses no Atlântico e no Índico. Já a instauração da república, embora correspondesse a uma acomodação à História, passou à margem do povo. Este associou, com razão, a república à ideia de desordem. A República e a História persiste na continuidade de produzir pobres para alguns que vivem dos pobres e remediados. A república implanta-se em 1910 em nome da crise e do descontentamento do povo. Em 1924 a revista “Seara Nova” expressava a opinião popular nas palavras: “Só a ditadura nos pode salvar”; em 1926 dá-se o golpe militar que instala a ditadura militar até 1933, seguindo-se-lhe o Estado Novo (1933-1974). O golpe militar de 1974 restaura o regime democrático. Dá-se assim um aferimento ao desenvolvimento dos povos avançados. A História continua a ser feita de vencedores e dos que os suportam. Vista da perspectiva do Povo, a miséria permanece, só mudam e aumentam as moscas.


O problema português actual vem das elites e da mentalidade comum aliada à perda da perspectiva atlântica, facto este que colocou Portugal na margem da Europa. Trata-se agora de acordarmos para nós portugueses e para a realidade contextual, doutro modo, a continuar a lógica da política até agora seguida, acordaremos espanhóis. Não podemos continuar com uma política fogo de artifício, nem com um centralismo fruto de complexos de inferioridade de políticos que compensam a carência da província numa capital (metrópole) de projectos de prestígio empolgado. A crise económica e de sentido pode proporcionar uma reflexão séria sobre a discrepância entre a realidade de vida do povo e as esquisitices frentex duma política para inglês ver. As potências internacionais a que nos encostamos não oferecem garantia de futuro e são regidas, também elas, por forças anónimas, propensas a levar-nos à catástrofe ou, quando muito, a eternizar a realidade da História que vive dum progressismo enganador, que mantém, persistentemente, a relação estanque e contínua entre povo de situação precária e elite que desbarata as energias daquele. (O povo suíço, apesar de tudo, mantém a sua identidade.)


No tempo em que éramos nação e povo sabíamos aliar-nos às forças reais determinantes do desenvolvimento como foi o caso do aproveitamento dos cruzados, dos templários, dos judeus e dos Fugger. Então conseguíamos sincronizar governação com terra, povo e nação, numa perspectiva universal. Desde que trocamos os interesses da terra pelos da ideologia emanada por potências europeias, aceitamos ser confinados à ideia de Estado passando a ser governados por estadistas à imagem de feitores da fazenda nacional (Recordem-se os feitores portugueses dos senhores ingleses do vinho do Porto, destes ficou-nos a “honra” daqueles terem universalizado o nome do Vinho do Douro). A terra perde a força da gravitação, perde o valor; a realidade dá lugar ao formal, ao símbolo; o centro de gravitação passa a ser a ideologia. O sol da ideologia vem de fora, o que leva as consciências à insegurança e a circular fora do seu âmbito de acção, fora da nação. Deixa-se a própria iniciativa para se seguir o progresso dos outros, dos de fora. Compensa-se alguma desilusão, já não com o fado, mas com o canto de alguma boa musa livresca cá da terra.


De aventureiros do real passamos a aventureiros do sonho e da ideologia (iluminismo apenas francês e bloco soviético). Do mar das águas salgadas passamos para o mar das ideologias, insufladas por ideais estranhos. As águas salgadas fomentaram o heroísmo, a individuação; as ondas da ideologia geram o acomodamento, a resignação. Agora que as ideologias perdem a própria dignidade e a legitimação da terra e da pessoa, somos governados por mercenários de interesses estrangeiros ainda não mastigados, sacrificando Nação e Povo a um internacionalismo barato. Povo e políticos andam esfalfados de tanto correr. A política corre atrás do factual banal e o povo atrás do telejornal.


Os usufruidores do Sol de Abril necessitam já não de crítica, mas de compaixão porque o único mérito de que se podiam vangloriar legitimamente, e que constou da reposição da democracia, está a ser rapidamente gasto. O sonho gerou uma democracia de oportunidade para o mais forte e uma partidocracia na continuidade da política do séc. XIX.


Os dançarinos do poder, sem modelo de Estado reflectido, nem consciência de povo, governam na sequência da velha tradição feudal, um pouco atenuada, num elitismo de fachada, sem conteúdos sérios de esquerda nem de direita. Antigamente viviam de honras, coutos e das herdades da nação; em tempos democráticos seguem o modelo mais popular de feitores de fazenda, feitores dum Estado sem rumo. A elite progrediu no nome, de Senhores passaram a feitores; o factor povo permanece imutável. Vive-se de projecto em projecto e do brio de os aplicar até antes do estrangeiro. Portugal frentex, de actores risonhos e de cabeça erguida, sem povo, reduzido a Lisboa, longe da terra, não olha para trás, com lugar só para alfacinhas.

O Mal da Nação é a sua Governação

No poleiro da nação, de “revolução” em “revolução ”, os galos continuarão a cantar sucessivamente a gasta canção contra o regime anterior, encobrindo a sua miséria ao povo e não dizendo porque este continua, como então, na companhia das nações da cauda da Europa. Vive-se dum facilitismo de conteúdos abrilhantados por requintes administrativos caprichosos e da fulgurância de rostos mascarados nas televisões. Há a ideia de que, para o proletariado, chega um pouco de futebol e de sexo (bem presente nas escolas aliada à libertinagem) como se bastasse a Portugal tornar-se dia e noite num bordel.



A nível interno, destruíram-se as escolas profissionais e humilharam-se as pequenas e médias empresas em favor das multinacionais; a rudimentar agricultura que tínhamos foi destruída em favor das potências agrárias europeias; as pescas também. As pequenas e médias empresas são regulamentadas de cima para baixo sem experiência nem visão nacional. Políticos tornam-se comparsas de secretária emanando projectos e projectos-lei, preparados por assessores, à margem da realidade, contra a vontade dos empresários. Amigos do alheio julgam que um estado se põe em ordem com leis de controlo empresarial, num Estado sem política profissional nem empresarial. O mesmo se constata na política de ensino.


A inveja e um espírito rival tacanho, visível também a nível de académicos e de administração, não reconhece a necessidade dum empresariado e dum operariado forte queixando-se até que não possuem o privilégio destes, o privilégio de poder fugir aos impostos; como se na fuga aos impostos estivesse a oportunidade da nação. Não há colaboração e intercâmbio entre poder político e empresarial; apenas a subjugação ou uma relação de cumplicidade com as empresas grandes que proporcionam tachos parasitas a políticos e comparsas. Fora disto, cada qual que se safe. Na Alemanha as pequenas e médias empresas são apoiadas e respeitadas pelo Estado. Constato que empresas pequenas alemãs que empregam emigrantes portugueses os levam para Espanha, Arábia Saudita, Itália, onde trabalham para elas. Portugal exporta pessoas à deriva que outros aproveitam. Uma Universidade abstracta e não relacionada com empresas locais, produz bons técnicos teóricos que depois se corrompem nas filas do desemprego ou se perdem nos meandros da emigração. As remessas emigrantes superiores a um bilhão e meio de Euros por ano não deveriam desobrigar a elite portuguesa de continuar a adiar Portugal.


No centenário da República o único facit possível seria: acabar com o nepotismo, com o espírito capelinha e com a patidocracia para começar com uma república nas mãos de pessoas com espírito de povo e não de jacobinos seculares ou quejandas. Os festejos da República provarão o contrário.


Portugal sobrevive na dependência das remessas da União Europeia e de Emigração, com boas estradas e uma tecnologia moderna da administração do Estado, a troco da soberania e da própria iniciativa na qualidade de país. Não avança porque não tem ideia própria de si e dos outros; abdica de pensar para se deixar levar por uma elite de espírito parasita com mentalidade de feitores. De feitores de ideias e de interesses estrangeiros num país violado.

Um Portugal novo precisa duma nova geração com uma mentalidade que rompa com a tradição oportunista e com o nepotismo vaidoso em vigor. Portugal não pode continuar envelhecendo no piso da maratona, sempre a correr, a correr sempre e só atrás do progresso.


O sacrifício dos portugueses tem-se repetido ciclicamente como as repúblicas e tem sido em vão. Só serve uma elite arrogante e persistente de sempre novos-ricos (na sequência dos antigos barões gerados à custa dos bens roubados à Igreja) que traduz mal as novidades do estrangeiro.


Um grande problema da sociedade portuguesa é o facto de ser pequena e as suas elites se encontrarem aparentadas entre si continuando a tradição da velha sobranceria dos de “sangue azul” ou duma honra empolgada herdada dos mouros. O entrelaçamento de interesses políticos, económicos e culturais num parentesco elitista médio-superior impede a criatividade e a concorrência, reduzindo a administração e as empresas a lacaios da política. Esta situação dá continuidade ao espírito senhorial de feitores. A nossa elite progrediu de barões para novos-ricos superficiais que se contentam em boiar na onda internacional com uma democracia de Antónios, Josés e Maneis, à imagem das telenovelas: uma democracia proletária “progressista” que acabou também com o rosto individual do nome de família. Este reserva-se aos doutores e às vedetas de casa.


Encontramo-nos num sistema de espírito golpista que só conhece o Estado e, por falta de ideias próprias, aposta na confusão. Tudo vem de cima como se constata numa mentalidade de vaca leiteira política, económica e cultural. O tecto metafísico do Estado é constituído por uma perspectiva superior de bocas direccionadas para as tetas da vaca leiteira. Os mamões encontram-se conectados ao Estado, o resto é vaca (Povo) a pastar na relva (Nação). A moral é o leite pasteurizado, já tão avançado e espiritualizado que não deixa reconhecer o espírito da teta. A crise do sistema acentua-se porque já não só as elites mamam o povo como também parte do povo já se ajeita a seguir o exemplo dos grandes, querendo para ele um Estado vaca também.


Portugal tem uma face moderna, à frente na moda; apraz-se nos seus peritos, aceita tudo o que vem de fora porque não tem nada para guardar ou defender. A elite política esforça-se apenas por jogar na liga internacional. O povo educado para a ingenuidade deixa-se levar pelos espertos e já se sente contente em poder assistir ao jogo nas bancadas. Aposta no internacionalismo e nos da gala internacional participando em objectos de prestígio ou em projectos estranhos como o Afeganistão destinado à derrota, e na compra de armamento estratégico como se tivéssemos algo português a defender e o povo fosse rico. As nossas águas foram entregues às frotas dos vizinhos, a agricultura aos franceses, o comércio aos chineses e a indústria às internacionais; tudo isto sem compensações.


A elite atraiçoou a sua alma atlântica de portugal para seguir os ventos de Leste e depois encostar-se à Europa central, esqueceu-se da América Latina, da Ásia e da África e com isto abandonou o futuro.


O Estado, na falta duma política lusa, refugia-se agora na vaidade das grandezas da língua e na figura que alguns portugueses fazem pelo mundo. Gloria-se por ser pioneiro na aplicação das tecnologias na administração estatal (que favorece ainda mais o centralismo hegemónico) como se a nação fosse apenas constituída pela sua administração. A partidocracia com os seus barões e os seus “boys” serve-se, não fomenta a consciência de cidadania. Basta-lhe apoiantes, coladores de cartazes e os ardinas da política e do Estado.


Até gente bem formada repete, como o papagaio, os refrães de Abril sem base nem capacidade crítica. A maioria vive do ouviu dizer, do “está escrito” ou do “tem que ser”.


A pobreza obriga. Trabalha durante a semana na perspectiva do “Domingo”. Não há reflexão nem consciência de nação. Vive do dia a dia. Não nota a destruição sistemática do ensino e da família; sem bases analíticas, não suporta modelos nem exemplos, vive da ideologia com seus santos. Pensa-se que no estrangeiro, para se viver, basta abanar a árvore das patacas. O irrealismo das nossas elites e o seu distanciamento do povo verifica-se também nas discrepâncias de salários e nos vencimentos que as elites exigem para os seus serviços, muitas vezes superiores aos do estrangeiro. Cobertos pelos mantos da política e das ordens (advogados, médicos e alguma “confraria”) constituem guetos desintegrados da República. Falta a coesão social e política.

Exploram as pequenas e médias empresas sem lhes deixar possibilidades de fundo de meneio para inovar e investir. Uma mentalidade de honra empolgada em bacharéis, professores, mestres e doutores não suporta a honra do trabalho manual. A ilegalidade torna-se para o trabalhador numa necessidade e na procura desesperada da honra numa nação violada.


Na realidade, tal como à superfície do mar, nas ondas, assistimos a duas forças aparentemente contrárias: coesão e dispersão das quais surge harmonia e vida como podemos verificar na praia. O problema da harmonia social está na dispersão sem uma força coesiva integradora e numa matriz de pensamento também ele de carácter polar (Divide para definir, divide e impera). Falta a visão da perspectiva do profundo que reconhece todo o movimento, todo o desejo como complementar. Na falta desta consciência dominam as forças contraditórias repetitivas de afirmação/negação à custa do próximo. Água reúne força e fraqueza numa união integral que reconhece conexões e integra toda a realidade; o mesmo se deveria dar dentro dum povo e entre todos os povos. A realidade da superfície supera-se na experiência da profundidade comum a tudo. Não chegam as forças (horizontais) bipolares do diálogo mas sim a realidade bipolar da relação eu – tu integrada na dimensão do nós (todo integral). A matriz político-social e de pensamento que orientou a História das nações e dos povos não tem respeitado o princípio da coesão. Para a ultrapassar teríamos de passar da matriz bipolar da dimensão do diálogo Eu – tu (egoísmo – altruísmo), para a matriz integradora do terceiro elemento, a dimensão complementar do triálogo eu-tu-nós. A filosofia subjacente ao partido (não inteiro), apesar da nova consciência subjacente à física quântica e à Trindade, continua a basear-se na força dispersiva, na auto-afirmação em relação a um tu tornado objecto.


António da Cunha Duarte Justo



PODER ENTRE LEGITIMAÇÃO E DESLEGITIMAÇÃO


O PODER E O DINHEIRO CORROMPEM

António Justo

A crise do sistema financeiro e político chegou ao rubro. A desconfiança nas instituições e a desilusão acerca da ordem estabelecida conduz à nostalgia duma ordem ideal.


A normalidade do dia a dia manifesta-se num jogo de forças entre potência e fraqueza de grupos e de indivíduos; poder, violência, resistência e inércia são os seus acompanhantes circunstanciais naturais. A normalidade do poder parece dar lugar à normalidade da violência.


Segundo Max Weber “ poder significa a chance de impor a própria vontade também contra resistentes, dentro duma relação social”. O poder estende-se do Estado à família, da posição económica à posição política, social ou psicológica.


A insegurança estrutural em que nos encontramos torna-nos mais conscientes para a nossa situação de impotência. A vontade quer-nos a caminho, a caminho do Sol, contra a rotina do dia a dia, à semelhança do tubérculo que estende o botão na procura da luz do Sol. Toda a natureza se encontra irmanada, a caminho, na consciência de que quem para morre, tal como a água que para apodrece, reduzindo-se a húmus para os outros. Trata-se de andar, por vezes, de seguir o impulso do movimento, como o Hamster na sua roda. “Tudo flúi”.


Poder é a força do embrião que, na sua vontade de encontrar o sol, move o que lhe oferece resistência, do caminho. Poder participa da realidade ‘instintiva’ do embrião na procura do chão através da gravidade e no erguer do tronco na procura do Sol. Na definição da própria identidade está a vontade de Sol, de saber, de verdade, de sexualidade, de transcendência. Não só é tendência e deslocação mas também sentido. O ambiente oferece-lhe resistência o que o obriga a uma certa violência e a entrar numa relação interactiva. A vontade do poder está implícita no desejo da própria vantagem (realização), da subsistência. Potência e impotência andam juntos.


Contra a inércia, contra a entropia surge uma vontade consciente ou inconsciente que resiste à apatia/letargia e desencadeia também o agir do outro. A cultura, os estados, a família surgiram de vontades contra o clima, contra o ambiente, contra a resignação individual… As relações de poder institucionalizam-se e expressam-se em diferentes modelos de ordens sociais ao longo dos tempos (chefes de tribo, reis, presidentes, imperadores, papas). Cada conglomerado social, com os seus biótopos naturais, elabora as suas normas mais ou menos elementares que possibilitam uma relação normal e habitual, com maior ou menor tolerância e capacidade para a iniciativa individual/grupal numa tendência de identificação.


Cada época tem a sua cor local e a sua expressão de poder que condiciona as consciências individuais, seus anseios, satisfações e insatisfações. Cada pessoa nasce numa situação de relação com autoridades, leis, costumes, opinião pública, ideais circundantes, procurando orientar-se e afirmar-se nela e através dela. Vive embebida na norma que o hábito torna normal e evidente num determinado espaço e tempo (biótopo). Adapta-se a esta prisão de mimetismo, do habitual/moda, justificando-a inconscientemente com a necessidade de justificar a sua existência através dum olhar crítico, pela janela do passado ou do futuro. Uma vontade de ser e aparecer afirma-se também contra o caos, contra a inércia do habitual no sentido aparentemente “futuro”, dado pela resistência a tradições ou a novos valores.


A rotina poupa-nos força; é como que o ponto morto entre inspiração e expiração. Nesse ponto se descansa mas apenas para ganhar forças para uma nova caminhada. Tudo tem um ritmo com uma orientação não explícita. As normas e as instituições são as saias da mãe a que o bebé se agarra para se erguer. Por sua vez, a tendência do erguer-se legitima o portador das saias ao exercício da autoridade e até ao abuso do poder contra aquele que as não deixa ou se contenta em continuar gatinhando. No caos dos elementos está presente uma tendência ordeira que possibilita a convivência dos indivíduos no respeito mútuo e pressupõe uma ordem de espiral ascendente. Naturalmente que o desenvolvimento no sentido duma estrutura superior subentende um novo momento de repouso, de caos que possibilita a revolução de alguns contra a normalidade.


O exagero do poder institucionalizado, a sua violência, cria, por sua vez, potencialidades e fomenta a capacidade criativa nos indivíduos, num movimento espiral ascendente de acção-reacção-acção. A actividade da liberdade, que pressupõe a capacidade de dizer sim e de dizer não, é naturalmente condicionada pela formação e informação. A capacidade de reflectir e de descobrir a normalidade distingue-nos do mundo animal e vegetal que permanece encerrado no ciclo vital, num repetir contínuo à maneira das estações do ano. Os nossos hábitos são formados na geografia das estruturas institucionais e no tempo das expressões sociais. O Sol permanece sempre o mesmo, a terra e o tempo também, o que se muda sociológica e individualmente são as estações e nós com elas, em contínuo fluir. A rotina do poder e o poder da rotina são apenas condicionadores recíprocos possibilitadores de ciclones e anticiclones, de Verão e de Inverno. A regularidade das estações traz com elas o elemento revolucionário, apenas momentâneo na preparação da próxima estação. (Os revolucionários que tivemos até hoje, com a excepção do Mestre da Galileia não passaram de árvores de folha caduca que se alimentaram do humos da carência e da ignorância do próximo.)


Temos o pretensiosismo de contradizer o Inverno com se o progresso não fosse apenas o passado visto da perspectiva dum outro momento (estação), em diferido. Todos nós procuramos segurança e orientação (ordem social) uns olhando mais para o retrovisor e outros fixando-se mais no sentido do pára-brisas, não notando porém o que se encontra para lá do retrovisor e do pára-brisas. Vivemos da luta contra a vontade alienadora do passado ou contra a vontade alienante do futuro tornando-nos assim incapacitados para reconhecer a realidade para além da perspectiva do móvel; sim porque a realidade é aperspectiva. Abdicamos da capacidade de nos transformar transformando e fixamo-nos apenas numa dinâmica do poder do passado e do poder do futuro numa linha de tempo linear ou cíclico.


Uma identidade aberta que transcenda os condicionantes rotineiros, pode abrir uma brecha na rotina através da reflexão ou de contradição, uma brecha para lá do retrovisor e do pára-brisas que conduza a uma nova identidade na complementaridade.


É natural que as diferentes estruturas de personalidades (‘boas/más’) e a sua reacção em diferentes situações não são moralmente determináveis, a nível científico; de facto personalidades mais positivas podem reagir como as mais negativas; há momentos de dissonância em toda a pessoa (“pecado original”). É difícil ter-se uma imagem realista das condições de origem do bem e do mal. Daqui a dificuldade da adequação de castigo e a questão da liberdade ou determinismo de comportamentos e a consequente dificuldade de julgar. O Homem é um ser em processo entre natura e cultura e o poder uma sua constante.



As instituições domesticam o poder ou deveriam domesticá-lo contra toda a prepotência interna e externa. O abuso dos chefes tribais, as guerras civis foram evitadas com a instituição do monopólio do poder do Estado. A justiça passou do foro privado para o público. As pessoas não são santas nem anjos precisam de controlo e de instituições com a divisão de poderes. O problema mais que nas instituições está na falta de moralidade do Estado e dos seus representantes. Estes, alheios à honra e à dignidade humana, conseguem defraudar a república instaurando nela as suas coutadas. É um dado científico que o dinheiro e o poder em regra corrompem. O Estado tem instâncias de controlo dos poderosos mas estas não funcionam. O problema maior está no facto de serem os poderosos os membros das instâncias de controlo!


O sentido do estado vem da necessidade do povo se organizar num determinado espaço para manter a justiça e defender-se de agressores. Para Blaise Pascal ”a justiça sem a força é impotente; a força sem a justiça é tirânica”. Uma solução de conflitos, a um nível de justiça equitativa, precisa dum espaço também para a impotência política, para aqueles que não têm voz. A impotência da justiça é a oportunidade do mais forte.


Platão desenvolve a teoria da justiça contra a alegação sofista do direito do mais forte. Poder e vontade de viver andam juntos. Platão apela para o domínio do corpo (paixões) através da alma (virtudes). Thomas Hobbes vê na condição humana o seu ser de lobo contra os outros (Homo homini lupus!). Segundo ele, este só pode ser dominado pela razão e através dum Estado poderoso. Com a criação da instituição a legitimação do poder não fica abandonada às forças da natureza, ao mais forte. A legitimação do poder através de Deus ou do povo é organizada em regras do poder estatal. Aqui o direito do mais forte ou do grupo é contrabalançado com o direito do indivíduo, com o direito privado. O indivíduo abdica do poder de fazer justiça pelas próprias mãos outorgando o poder individual no Estado. O Estado, em contrapartida, promete garantir o exercício da liberdade a todos. O abuso do poder por parte dos governantes e seus iguais deslegitima-os levando o cidadão à desobediência cívica e à formação de grupos guerrilha, como era o caso antes do estado de direito, a uma regressão aos tempos bárbaros. Para Aristóteles o Homem é o zoon politikon. Violência acontece onde não há relação, onde não acontece reconhecimento.


Rousseau contradiz Hobbes afirmando que o Homem é, por natureza, bom, e que a sociedade é que o estraga. Esta visão romântica tem um sentido apenas corrector da redução do homem a lobo. De facto uma cidadania ovina continua a desconhecer a realidade do cordeiro e do lobo no ribeiro do Estado.


Cooperação é também uma estratégia da sobrevivência e não apenas a lei da selecção natural como queria erradamente o darwinismo social. Até as plantas mostram uma certa sociabilidade na distribuição das raízes no solo. Afirmação, resistência e cooperação fazem parte da mesma realidade. Sem a aspiração para a luz, sem o poder não haveria acção. A experiência mostra-nos violência e poder, numa relação ambivalente. No poder está o reconhecimento do outro e a consciência do nós. Daí a necessidade de reconhecer poder ao outro, seja ele embora o mais pequeno. Uma árvore frondosa deve ser consciente da sombra que faz aos arbustos que impede crescer debaixo dela. Uma república adulta terá de reconhecer a realidade dos vários biótopos que tem capacitando-os para agir e não só para reagir. Aos seus representantes não chega a legitimação exterior através dos votos, eles terão de ser modelos íntegros de ética aplicada. A crise de hoje tem também a ver com uma mentalidade parasita de adaptados sem personalidades exemplares. O sistema não suporta personalidades e vive duma mediania fomentadora de oportunistas espertos e não de inteligências.


Há um abismo entre um discurso fundamental e um discurso situacional, moral prático. Ética e política aplicadas encontram-se muito distantes daquele. O direito deveria estar ao serviço do bem-comum e limitar o poder. “A confiança é boa mas o controlo é melhor”. O poder corrompe porque quanto mais se tem mais se quer ter. Urge distribuir o poder porque poder e dinheiro em demasia estragam o carácter. Actualmente, na Europa o poder político e jurídico não tem o poder de limitar os poderosos; estes apoderaram-se das instituições e adaptaram-nas ao seu formato; as nações encontram-se, por isso, a caminho do desastre. Os políticos com os poderosos não podem solucionar o problema porque são parte dele.


Apesar da situação crítica em que nos encontramos, se não houvesse instituições não haveria continuidade; elas são como que a estrada onde o móvel (indivíduo e cultura) passa. A instituição global mais antiga da humanidade, a Igreja Católica, é perita em preservar a memória e pretende englobar o tempo linear e o tempo cíclico, o espaço e o tempo, a imanência e a transcendência como prevê a fórmula da trindade. O seu problema está sempre na resistência que oferece a um presente com as suas certezas de dia a dia. Sem instituição não haveria memória e deixaria de haver a transmissão do facho cultural duma geração à outra. A percepção do presente só é possível no âmbito de percepção do passado e do futuro sem descurar a realidade em que assenta a paisagem. A instituição, tal como o poder devem estar presentes na consciência quotidiana mas só em segundo plano, doutro modo tornam-se em ameaça à liberdade do membro. A presença do poder (instituição / pessoa) deve ser discreta e nunca tornar marginal a presença do indivíduo. O poder como o indivíduo encontram-se numa relação mútua de serviço à comunidade e seus valores. A pessoa é a alma da instituição.


O indivíduo só o é no e com o grupo, precisando de quem o represente numa ordem de valores e interesses comuns. Em si o indivíduo não deveria estar acima do grupo nem vice-versa, como podemos ver na fórmula trinitária de 3=1. O Homem não é “a medida de todas as coisas” como queria Protágoras. O Homem só é todo com todas as coisas.


A complexidade social aliada à velocidade duma vida acelerada provoca nos governados e governantes incapacidades de diálogo fomentando no povo uma consciência saudosista retrógrada e na política um activismo progressista leviano. A contínua mudança não permite a reflexão da experiência feita. As mudanças das condições sociais dão-se tão rapidamente que impedem a responsabilidade política, social e individual. Uma luta pela imposição de interesses específicos distrai a nação duma ocupação objectiva e desperdiçam-se as energias em discussões estéreis pelo poder. O sucesso de uns não pode acontecer à custa dos outros, como é costume. Respeito e reconhecimento de parte a parte; um estado paternalista não possibilita uma relação equilibrada entre os cidadãos. Para uma relação integral do Homem e da sociedade não chega já o diálogo é necessária uma ortopraxia do triálogo numa relação de união eu-tu-nós! Nesta realidade nova, ninguém é igual ao outro mas torna-se através do outro.


©António da Cunha Duarte Justo

Pegadas do Tempo

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